Zucker: von Lebensmittelindustrie bis Arzneimittelherstellung

Beim Stichwort “Zucker” denken die meisten Menschen zuerst an seine Funktion als Energielieferant und Süßstoff in Lebensmitteln oder, im negativen Kontext, an die Volkskrankheit Diabetes mellitus. Doch Zucker ist mehr als ein Energielieferant und niemand kann ohne ihn leben.

Die wenigsten denken dabei jedoch an eine Gruppe chemisch ähnlicher Moleküle mit unterschiedlichen (bio)chemischen Funktionen.

Glykosylierungsreaktionen: Störungen führen zu diversen Krankheitsbildern

So ist beispielsweise die Glykosylierung bestimmter Proteine, also das Hinzufügen von Zuckereinheiten zu Proteinen, für die korrekte Proteinfaltung und -aktivität unerlässlich. Eine Störung dieser Prozesse führt zu verschiedenen Krankheitsbildern. Abweichende Proteinglykosylierung wird beispielsweise bei bestimmten Krebsformen beobachtet. Es ist zudem bekannt, dass spezifische Glykane aktiv die Tumorentwicklung und -progression vorantreiben.

Somit ist die korrekte Glykosylierung ein entscheidender Faktor, der auch zur Optimierung bekannter Wirkstoffe genutzt werden kann. Im Rahmen der Wirkstofftestung führen entwickelte Medikamente routinemäßig zu Unverträglichkeiten oder zeigen nur suboptimale therapeutische Wirksamkeiten aufgrund schlechter physikalisch-chemischer und pharmakologischer Eigenschaften in vivo.

Glycoengineering: kontrollierte Freisetzung von Wirkstoffen

Glycoengineering wird als Ansatz zur Verbesserung aktiver Moleküle, zum Beispiel Wirkstoffe, Proteine, in Bezug auf Löslichkeit, Stabilität, und des gesamten pharmakokinetischen Profils (beispielsweise verlängertes Wirkprofil) genutzt.
In der Kosmetik- und Parfümindustrie dient Glycoengineering als Methode zur langsamen Freisetzung von Wirk- und Duftstoffen über einen längeren Zeitraum, um so ein möglichst langanhaltendes Produkt zu gewährleisten. Die „aktive“ Komponente wird durch die Aktivität mikrobieller oder menschlicher Glucosidasen freigesetzt, welche die angefügten Zuckereinheiten langsam abspalten.

Darüber hinaus kann die Glykosylierung bekannter Arzneimittel eine erneute Patentierung in Form der neuen Darreichungsvariante ermöglichen. Ein Beispiel hierfür ist die Modifikation des bekannten Medikaments Paracetamol durch die Firma 4GENE.

Haupteffekte der Glykosylierung:

  • Redesign bestehender Medikamente
  • Umgehung bestehender Patente
  • Aktivitätsregulierung
  • Verlängertes Wirkprofil und kontrollierte Wirkstofffreisetzung
  • Verbesserung der Löslichkeit

 

Für die Kohlenhydratchemie und damit verbundene chemische Modifikationen ist die kommerzielle Verfügbarkeit der benötigten (geschützten) Zuckerzwischenprodukte in ausreichender Qualität von entscheidender Bedeutung.

Bei Cfm Oskar Tropitzsch haben wir die Möglichkeit, geschützte Kohlenhydrate, zum Beispiel Monoaceton-D-Glucose (MAG) und Diaceton-D-Glucose (DAG) ab 1 kg bis hin zu Großmengen anzubieten. Das Produkt wird von unserem erfahrenen Joint-Venture-Partner hergestellt. Gleichbleibende Qualität und zuverlässige Lieferungen sind garantiert.

Anwendungsgebiete:

  • chemische Synthese
  • Pharmaindustrie
  • Metallchelatoren
  • Glykosylierungsreaktionen
  • Kosmetikindustrie

Referenzen:

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4Gene https://4gene.de/

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